Rückblick zur Jugendversammlung der Deutschen Schachjugend

von Huy Dat Nguyen

Hallo an alle Schachfreundinnen und Schachfreunde!

Am Wochenende des 05. und 06. März fand die jährliche Jugendversammlung der Deutschen Schachjugend (DSJ) in Berlin statt. Für diejenigen, die noch nicht sehr vertraut mit den Strukturen sind: Die Jugendversammlung ist das höchste Gremium der DSJ, in denen Vertreter aller Landesschachjugenden zusammenkommen. Es werden Projekte vorgestellt, das letzte Jahr ausgewertet und über die Zukunft der DSJ diskutiert und abgestimmt. Dies hat vor allem den Zweck, damit die Arbeit der Geschäftsstelle und des Vorstands zum einen transparent gemacht wird, und zum anderen, dass diese auch demokratisch legitimiert wird, denn nicht jedes Vorhaben wird von allen Landesschachjugenden unterstützt. Dieses Jahr haben Stefan Koch und ich, Huy Dat Nguyen, Thüringen vertreten. In diesem Beitrag gibt es einen kurzen Rückblick auf die Veranstaltung.

Die Thüringer Vertretung auf der Jugendversammlung

Kurz zur Erinnerung: In den letzten zwei Jahren wurde ein Prozess in Gang gesetzt, wodurch die Deutsche Schachjugend zu einem eigenständigen Verein wurde. Dies passierte vor allem, da es Kommunikationsschwierigkeiten zwischen dem Deutschen Schachbund (DSB) und der DSJ gab und zum Teil noch gibt, aber auch damit die DSJ eigenständig Projekte vorantreiben kann, ohne dauerhaft die Bestätigung des DSB einfordern zu müssen. Auch wenn die Zukunft des Schachs in Deutschland im Vordergrund steht, gehen die Interessen, die der Erwachsenenverband und der Jugendverband haben, in einigen Punkten auseinander. Die vergangene Jugendversammlung war nun auch die erste Jugendversammlung, die seit der Vereinsgründung in Präsenz stattgefunden hat.

Der erste Teil der Jugendversammlung handelte über Berichte des letzten Jahres mit einer anschließenden Entlastung des Vorstandes, die dazu da ist, um zu bestätigen, dass der Vorstand seine Arbeit korrekt und im Sinne der DSJ ausgeführt hat. Auf die Einzelheiten werde ich hier nicht eingehen können, dafür lohnt es sich auf dem Webauftritt der DSJ vorbeizuschauen oder den DSJ-Newsletter zu abonnieren, um auf dem Laufenden zu bleiben. Der Fokus des letzten Jahres lag definitiv auf der Bewältigung der Corona-Pandemie sowie die Einarbeitung der Geschäftsstelle und des Vorstandes. Insbesondere Schach ist ein Sport, welcher massiv unter der Pandemie gelitten hat, und trotz der schwierigen Umstände hatte die DSJ einiges auf die Beine gestellt. Ich nenne hier auszugsweise drei Highlights: (1) die DSJ einen Kanal auf der Streaming-Plattform Twitch etabliert und Online-Turniere für Jugendliche ausgetragen, (2) trotz erschwerter Bedingungen wurde außerdem das Mädchenschach vorangetrieben, beispielsweise durch den Mädchen- und Frauenschachkongress oder das Mädchenschachcamp, und (3) das Schulschach soll wieder vorangetrieben werden, insbesondere da Schulen teilweise wochenlang geschlossen hatten, dazu wurde z. B. der Schulschachkongress letztes Jahr durchgeführt. Der Vorstand wurde im Gesamten entlastet.

Der zweite Teil der Jugendversammlung betraf zum einen die Jahres- und Projektplanung sowie das DEM (Deutsche Jugendeinzelmeisterschaften) Vergabeverfahren. Eine Übersicht über geplante Veranstaltungen und Turniere findet ihr auf der Terminübersicht der DSJ. Einige besondere Punkte seien hier erwähnt:

  • Dieses Jahr findet die Deutsche Einzelmeisterschaft vom 05. – 12.06.2022 in Willingen statt. Neu wird sein, dass außerdem die Altersklasse U8 eingeführt wird, die vom 07. – 11.06.2022 stattfinden soll. Der Meldetermin für diese Altersklasse ist der 10.05.2022. Es gibt aktuell noch einige Unklarheiten. Es steht beispielsweise noch nicht fest, ob dieses Jahr eine Offene DEM stattfinden wird. Hoffentlich werden die Unklarheiten die nächsten Wochen noch geklärt und auf der Website veröffentlicht.
  • Die DSJ möchte außerdem in die C-Trainer Ausbildung einsteigen. Das hat den Hintergrund, dass die Ausbildung durch die einzelnen Landesschachverbände organisiert wird, die Anforderungen und Schwerpunkte jedoch nicht einheitlich sind. Insbesondere sei ein Problem, dass pädagogische Themen unterrepräsentiert werden und einige Trainer möglicherweise nicht gut genug vorbereitet sind, um mit Kindern zu arbeiten. An dieser Stelle möchte die DSJ neue Angebote schaffen und etablieren.
  • Es werden außerdem zwei neue Angebote geplant. Bei der Schachtour 2022 tourt Chessy, das Maskottchen der DSJ, in Deutschland, um Vereine und Schachveranstaltungen im Sommer zu unterstützen. Die Bewerbungsfrist ist der 30.03.2022. Zudem soll das DSJ Sommercamp vom 8.8. – 14.8.2022 auf dem Zeltlagerplatz Stolle (Rosdorf) stattfinden. Es handelt sich dabei um ein günstiges Ferienangebot für Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland, bei der neben Schach auch Camping-Angebote und Vernetzungen wichtig sind. Die Anmeldung wird demnächst veröffentlicht (schaut am besten auf der Termine-Seite) und ist auf 100 Personen begrenzt, daher seid gespannt!
  • Ein weiterer Schwerpunkt wird außerdem die Unterstützung von Vereinen sein, da ohne Ausnahme alle Schachjugenden ein Mitgliederrückgang zu verzeichnen haben. Die DSJ plant eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Vereinsberater anzubieten, um Vereine gezielt unterstützen zu können. Das Konzept ist allerdings (in meinen Augen) noch etwas unklar. Neuigkeiten wird es dann auf der Website der DSJ
  • Daran anschließend gab es noch eine breite Diskussion um Jörg Schulz, welcher lange Zeit der Geschäftsführer der DSJ war. Ich möchte gar nicht so breit in die Thematik einführen. Es gab und gibt jedoch einige Streitigkeiten zwischen dem DSB und der DSJ, die auch auf persönlichen Differenzen ihmbezüglich beruhen. Eine Bedingung für die Vereinsgründung des DSJ e. V. war, dass Jörg Schulz seine Stelle als Geschäftsführer abtreten muss. Daraus entstand letztes Jahr der Kompromiss, dass er eine Stelle als Berater bekommt, um die Übergangszeit mit einem neuen Geschäftsführer zu gewährleisten (das hängt damit zusammen, dass er unersetzbar ist, da er 25 Jahre lang die Geschäfte leitete und sehr viel für das Jugendschach getan hatte). Es wurde nun vom Vorstand der Vorschlag gemacht, dass Jörg Schulz nach Ablauf seines Beratervertrags für eine weitere Zeit als Aufbaumanager angestellt werden soll, da es vermutlich so ist, dass er der einzige in Deutschland ist, der eine so spezifische Qualifikation im Schachbereich besitzt. Mit einer leichten Mehrheit wurde sich dafür ausgesprochen, dass die DSJ sich für eine weitere Anstellung einsetzt. Wir als Thüringer Vertreter stehen jedoch diesem ganzen Prozess kritisch gegenüber, weil (1) dieser Tagesordnungspunkt nicht vorher angekündigt wurde, (2) es nicht nachhaltig sein kann, dass Wissen und Projekte vollständig auf eine Person konzentriert werden, und (3) wir befürchten, dass die Personaldebatte zwischen DSB und DSJ somit weitergeführt wird und von wesentlichen Themen des Jugendschachs ablenkt. Nichtsdestotrotz hoffen wir, dass mit dieser Entscheidung das Jugendschach weiter vorangetrieben wird und trotzdem eine Versöhnung zwischen DSB und DSJ zustande kommt.
  • Die nächsten DEM sollen von 2023-2026 in einem Vierjahresvertrag geplant werden. Der Vorstand hatte dafür Angebote von verschiedenen Hotels angefragt, bekamen jedoch nur vom Sauerland Stern Hotel in Willingen und dem Maritim Hotel/Jugendherberge Magdeburg ein Angebot. Andere Angebote gab es leider nicht oder wurden zurückgezogen, was unter anderem mit Terminengpässen und der Corona-Pandemie zusammenhängt. Nach einer Diskussion hatte sich der Vorstand und auch die Mehrheit für Willingen ausgesprochen, da es zum kinderfreundlicher ist und weniger organisatorischen Aufwand bedeutet, auch wenn es möglicherweiser teurer sein könnte.

Im letzten Teil der Jugendversammlung wurden einige Posten des Vorstands neu- bzw. wiedergewählt, Anträge abgestimmt und der Haushalt der DSJ für 2022 und 2023 beschlossen. Erwähnenswert ist, dass in den Vorstand zwei neue stellvertretende Vorsitzende (Finn Petersen und Birger Pommerenke) gewählt wurden, da die letzten beiden nicht wieder kandidiert haben. Weiteres kann ansonsten zukünftig auf der Vorstandsseite der DSJ der DSJ entnommen werden.

Der neue Vorstand der Deutschen Schachjugend

Die Anträge beinhalteten kleine Anpassungen, die ich an dieser Stelle unerwähnt lasse. Zu den Finanzen der DSJ möchte ich nicht allzu viele Worte verlieren, da sich nicht sonderlich viel geändert hat. Erwähnenswert ist, dass die DSJ ein leichtes Defizit für das letzte Jahr hatte. Dies liegt an zwei Gründen: Zum einen erhielt die DSJ weniger Zuwendungen, da die Mitgliederzahlen zurückgegangen sind und zum anderen wird nicht jedes Projekt erfolgreich durchgeführt. Für mich zeigt es aber, dass die DSJ bereit ist, neue und unerprobte Projekte durchzuführen, auch wenn diese ein gewisses Risiko mit sich bergen. Auch wenn eines von zehn Projekten scheitert, so stehen diesem neun gelungene Projekte gegenüber. Zwar darf es nicht zu einem Dauerzustand werden, dass leichte Defizite verzeichnet werden, doch stehe ich dem optimistisch gegenüber, dass zukünftig alle Planungen erfolgreich verlaufen und sich das z. B. auch in Spenden widerspiegelt.

Zusammenfassend war die Jugendversammlung ein tolles, wenn auch manchmal trockenes Event, welches mir aufgrund der Entwicklung des Vereins und der geplanten Projekte Mut macht. Außerdem hatte ich einige spaßige Unterhaltungen und Bekanntschaften mit jugendlichen Schachspielerinnen und Schachspielern aus ganz Deutschland machen können und konnte mir (wieder) ein wenig Berlin anschauen. Ich muss sagen, dass es nicht meine erste Jugendversammlung ist. Mir wird jedoch nach jeder Versammlung wieder klar, dass Schach und die Organisation des Sports von vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern getragen werden. Je mehr sich engagieren, desto mehr kann geschafft werden. Gerade in Thüringen als ländlich geprägtes Bundesland ist es in der heutigen, schnelllebigen Zeit nicht leicht. Ich möchte daher abschließend alle Jugendlichen, Erwachsenen und Trainer dazu ermuntern, Ideen voranzutreiben, bei Problemen sich an die ThSJ oder die DSJ zu wenden und gemeinsam zu überlegen, wie man sich auch außerhalb des Spielens einbringen kann. Denn die Schachgemeinschaft ist nicht nur eine Spielergemeinschaft, sondern auch eine gesellschaftliche (denn nette Leute spielen Schach!).